Mexiko

Ein globales Phänomen

18.12.2017

Heute ist der "Internationale Tag der Migranten". Migration als Thema, das in den Medien fast täglich präsent ist. Bruder Joachim Mnich SVD setzt sich zusammen mit seinen Mitbrüdern in Salto de Agua im Süden Mexikos für Menschen ein, die ihre Heimatländer verlassen auf der Suche nach einem besseren Leben in den USA.

Bruder Joachim Mnich SVD (Foto: Melanie Pies-Kalkum/SVD)
Bruder Joachim Mnich SVD (Foto: Melanie Pies-Kalkum/SVD)

Bruder Mnich, auch in Lateinamerika hat die Migration in den letzten Jahren stark zugenommen. Wegen der neuen amerikanischen Einreisepolitik stranden viele Menschen in Mexiko auf ihrem Weg in die USA. Was tun die Steyler Missionare, um diesen Menschen zu helfen?

Wir sind dabei, eine neue Herberge, die „casa de migrantes“, also das „Haus der Migranten“ zu bauen. Darin wollen wir so viele Menschen wie möglich aufnehmen, die ihre Heimat verlassen haben und ihnen einen Unterschlupf bieten, sie außerdem mit Nahrung und Medizin versorgen. Bis heute finden diese Menschen nur Zuflucht in der Kapelle „Santa Martha“ in Salto de Agua, die viel zu klein ist für dieses Vorhaben. Vor drei Jahren entschied der Bischof aufgrund der zunehmenden Migration, dass eine neue Herberge gebaut werden solle. Und die ist nun fast fertig. Wir müssen sie nur noch einrichten.

Die neue Herberge ist fast fertig. (Foto: SVD)
Die neue Herberge ist fast fertig. (Foto: SVD)

Wie kommen die Menschen überhaupt nach Salto de Agua?

Als blinde Passagiere. 80 Prozent der Flüchtlinge kommen aus Honduras, einem Land mit enorm vielen kriminellen Banden und einer korrupten Regierung. Die anderen kommen aus El Salvador, Nicaragua, Guatemala. Wir hatten auch schon einmal welche aus Kuba bei uns – auch in diesen Ländern herrscht Korruption und die wirtschaftlichen Situationen sind äußerst schlecht. Viele Menschen erträumen sich ein besseres Leben in den USA oder haben Verwandte dort wohnen. Auf Güterzügen reisen sie Richtung Norden. Eine dieser Bahnstrecken verläuft direkt durch Salto de Agua.
Auch in Mexiko gibt es viel Korruption und Kriminalität. Es kommt deshalb nicht selten vor, dass die Züge überfallen werden oder die Migranten von den Waggons stürzen. So landen Sie dann bei uns.

Ein sehr gefährlicher Weg. Nehmen ihn in Lateinamerika auch Familien auf sich?

Ja, aber wenige. Überwiegend sind es Männer und Jugendliche. Viele der jungen Erwachsenen haben Angst, in Honduras in die Arme der Kriminellen zu fallen und hineingezogen zu werden in diese Banden. Damit wollen sie nichts zu tun haben. Oder sie waren schon einmal Teil einer Bande und müssen fliehen, um nicht ermordet zu werden.

Und dass sie bei Ihnen Hilfe erfahren, spricht sich rum…

Ganz genau. Das ging sehr schnell, nachdem die Ersten in Santa Martha vor ein paar Jahren sozusagen eine „Verschnaufpause“ einlegen konnten.

Bis die neue Herberge fertig ist, finden die Migranten zur Zeit noch Unterschlupf in der Kapelle Santa Martha. (Foto: SVD)
Bis die neue Herberge fertig ist, finden die Migranten zur Zeit noch Unterschlupf in der Kapelle Santa Martha. (Foto: SVD)
Auch Familien sind unter den Migranten. (Foto: SVD)
Auch Familien sind unter den Migranten. (Foto: SVD)
 

Wie viele können Sie auf einmal betreuen?

In der Regel kommen zwischen 20 und 60 am Tag in die Kapelle, wo sie im Moment noch untergebracht sind, bevor die Herberge bezugsfertig ist. Es können aber auch noch mehr sein.

Wie lange können sie dort bleiben?

Eigentlich nur 24 Stunden. Denn es kommen so viele, dass der Platz nicht ausreicht. Wenn sie aber verletzt sind, wollen wir sie natürlich weiter versorgen. Deshalb ist unsere neue Herberge so wichtig. Darin können wir den Menschen hoffentlich ein paar Tage Zuflucht bieten.

Und dann?

Salto de Agua ist nur eine Durchgangsstation für die Migranten. Sie wollen alle weiter Richtung Norden. Die meisten fahren mit den Güterzügen weiter Richtung Grenze. Manche laufen sogar zu Fuß.

Täglich kommen manchmal über 60 Menschen, um in der Kapelle Santa Martha Zuflucht zu finden. (Foto: SVD)
Täglich kommen manchmal über 60 Menschen, um in der Kapelle Santa Martha Zuflucht zu finden. (Foto: SVD)

Und nur etwa jeder zehnte schafft es bis in die Vereinigten Staaten…

Ganz genau und das verdrängen sie einfach. Sie stellen es sich so einfach vor, wenn sie einmal in Mexiko sind. Dass sie dann auch schnell an der Grenze wären. Aber dass es bis dahin erst einmal noch 3.000 Kilometer sind, daran denken sie gar nicht. Und ja, selbst wenn sie so weit gekommen sind, werden sie von den Migrationsbehörden abgewiesen. Wegen der neuen Gesetze des US-Präsidenten schaffen sie es nicht in die USA. Das Unglaubliche ist, dass sie es aber, obwohl sie wieder nach Hause geschickt werden, trotzdem immer wieder probieren. Manche von ihnen sind schon das dritte oder vierte Mal bei uns.

Und neben der Migrationsarbeit sind die Steyler Missionare in Salto de Agua aber auch noch in Pfarreien und Projekten für die indigene Bevölkerung aktiv…

Richtig. Die Leitung des Migrationsprojekts hat einer meiner Mitbrüder nun übernommen, der hauptsächlich die spirituelle Begleitung übernimmt. Ich kümmere mich um das Organisatorische und die Finanzen. Zunächst sind wir allerdings für 80 Pfarreien zuständig und setzen uns für die Ureinwohner ein. Deshalb haben wir auch jetzt die Steyler Missionsschwestern gefragt und sie sind bereit demnächst die Leitung der „casa de migrantes“ zu übernehmen und in diesem Bereich einzusteigen.

Wird dann ein Haus in Salto de Agua überhaupt ausreichen?

Im Moment sieht es nicht so aus, nein. Deshalb wollen wir in Zukunft auch eine zweite Etage bauen. Denn die Migration ist ein globales Phänomen, das nicht so schnell gelöst werden wird.

Auf Güterzügen reisen Flüchtlinge in Südamerika Richtung USA. (Foto: SVD)
Auf Güterzügen reisen Flüchtlinge in Südamerika Richtung USA. (Foto: SVD)
Interview: Melanie Pies-Kalkum
 
Melanie Pies-Kalkum

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Melanie Pies-Kalkum

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