Japan

Jede Stunde zählt

01.10.2018

Vor 50 Jahren betrat Pater Arnold Plum SVD zum ersten Mal japanischen Boden. Heute kennt er das Land in und auswendig. Seine größte Herausforderung als Missionar: "die lebensgefährliche Arbeitskultur der Japaner".

Seit 50 Jahren ist Pater Arnold Plum SVD als Steyler Missionar in Japan tätig. (Foto: Melanie Pies-Kalkum/SVD)zoom
Seit 50 Jahren ist Pater Arnold Plum SVD als Steyler Missionar in Japan tätig. (Foto: Melanie Pies-Kalkum/SVD)

In Japan gibt es ein eigenes Wort für den Tod durch Überarbeitung. „Karoshi“, heißt es. Rund 150 Menschen werden jährlich Opfer von Karoshi. Die Dunkelziffer ist noch höher. Sie sterben an Herz- und Hirninfarkten oder begehen Selbstmord. „Diszipliniert waren und sind die Japaner schon immer“, weiß P. Plum aus seiner langjährigen Missionserfahrung. „Wie sich Gesellschaft und Arbeitsverhalten der Menschen aber in den letzten Jahren entwickelt haben, ist lebensgefährlich", warnt er. Seit 50 Jahren ist er als Missionar in Japan tätig und erlebt die gesellschaftlichen Entwicklungen hautnah. "Es geht um jede einzelne geleistete Stunde.“ Weltweit kommt Japan auf die höchste Überstundenzahl.

Ende 2017 hatte der Tod einer 31-jährigen in den Medien für Aufsehen gesorgt, die 159 Überstunden in einem Monat gemacht hatte. „Das Arbeitspensum in den Unternehmen ist immens“, erzählt P. Plum. „Es gibt so gut wie keinen Urlaub und oft nur zwei freie Tage im Monat. Das beginnt schon in den Schulen!“ Von Anfang an würden die Kinder auf die japanische Arbeitskultur vorbereitet. Ferien gebe es eigentlich nicht. „Der Sonntag ist zwar grundsätzlich schulfrei. Mittlerweile spannen die Lehrer die Kinder an dem Tag aber mehr und mehr in sportliche Aktivitäten ein, sodass doch wieder keine Möglichkeit zur Erholung bleibt.“

Umso schwieriger sei es für die Steyler Missionare vor Ort, überhaupt an die Menschen heranzutreten. P. Plum ist mit seinen Mitbrüdern seit Jahren in verschiedenen Pfarrgemeinden tätig, feiert die Sakramente und steht als Seelsorger zur Verfügung. „Unsere Kirchen sind voll, aber nur mit älteren Menschen und vielen Migranten aus Übersee. Die Jungen müssen immer arbeiten.“ Und auch die Missionare könnten sich dem Druck des Landes in diesem Bereich oft nicht entziehen, wenn sie zum Beispiel in Schulen lehren von früh bis spät. „Wir fühlen uns oft hilflos, weil wir nicht dagegen ankommen, aber den Menschen helfen wollen. Aber wir versuchen immer wieder mit kleinen Schritten einzugreifen“, so Plum. Zum Beispiel würden sie immer wieder die Stimme gegen die gegenwärtige Arbeitskultur erheben. 

Feiertage in Japan sind äußerst selten. (Foto: SVD)zoom
Feiertage in Japan sind äußerst selten. (Foto: SVD)

Die gesetzlichen Feiertage rund um den 13. und 15. August anlässlich des buddhistischen Allerseelenfestes „O-Bon“ nutzten sie, um den Katholiken ihrer Gemeinden verschiedenes anzubieten. „Das ist ganz praktisch, da bei uns am 15. August ja auch das Fest ‚Mariä Himmelfahrt‘ gefeiert wird.“ So könnten in dieser Zeit Jung und Alt zusammenkommen, um gemeinsam ein Fest des Glaubens zu feiern. „Unsere Aufgabe hier ist es, den Menschen das Gefühl zu geben, dass wir da sind - wann immer sie etwas brauchen.“ Und auch das beginne in der Schule, wo die Missionare den Kindern vom Glauben erzählen. „Es ist schon öfter passiert, dass jemand mit Mitte 30 zu uns gekommen ist, mit einem japanischen Lächeln seine Probleme auspackt und das Gespräch mit einem von uns wünscht. Eine junge Person zum Beispiel, die unseren Kindergarten früher besucht hatte, aber nun nach allem um die Taufe bittet, weil sie in ihrem Herzen Jesus und seine wunderbaren Worte und Taten nicht vergessen hat. Das zeigt mir, dass etwas hängen bleibt. Dass wir den Kindern schon etwas mit auf den Weg geben, das sie für ihr Leben nutzen können“, ist der Missionar überzeugt. Die Herausforderungen in Japan werden bleiben. Pater Plum aber ist zuversichtlich: „Das macht Mission ja auch aus. Sich Schwierigkeiten zu stellen. Mission heißt für mich, präsent zu sein und Christus zu vertreten. Da sein, wenn IHN jemand braucht. Und das sind wir hier.“

Melanie Pies-Kalkum
 
Melanie Pies-Kalkum

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