Indonesien

„Sie werden zu modernen Sklaven“ – Zum Welttag gegen Menschenhandel

30.07.2019

Seit 2014 rufen die Vereinten Nationen jährlich am 30. Juli den "Welttag gegen Menschenhandel" aus. Überall auf der Welt werden Menschen gegen ihren Willen gekauft bzw. verkauft – so auch in Indonesien, erzählt der Steyler Missionar Pater Paul Rahmat im Gespräch.

Pater Paul Rahmat SVD. (Foto: SVD)
Pater Paul Rahmat SVD. (Foto: SVD)
Nach den Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) setzt der Aktionstag ein Zeichen gegen Ausbeutung und nimmt auch die Menschen in den Blick, die im Zuge globaler Migrationsbewegungen Opfer von Menschenhandel werden. Menschen würden zum Beispiel durch Dritte – also die potenziellen Menschenhändler – in Arbeitsverhältnisse, meist in ein anderes Land, vermittelt und dabei über die Arbeit, die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen gezielt getäuscht. „In Indonesien, auf der Insel Flores zum Beispiel, gehen Menschen einzig mit einer Plastiktüte und dem, was sie am Leib tragen, an den Flughafen“, berichtet Pater Paul Rahmat SVD. „Nach Singapur gehe es, erzählten sie mir. Und dort habe man ihnen Arbeit versprochen.“
Viele Kinder bleiben zurück, wenn die Eltern ins Ausland gehen, um dort Arbeit zu suchen. (Foto: SVD)
Viele Kinder bleiben zurück, wenn die Eltern ins Ausland gehen, um dort Arbeit zu suchen. (Foto: SVD)

Der Steyler Missionar ist in der indonesischen Provinz Ost-Nusa Tenggara tätig. Die dazugehörige Insel Flores ist sehr arm, die Arbeitslosigkeit dementsprechend hoch, Tourismus gibt es kaum. „Also ist es leider kein Wunder, dass die Menschen die aus dem Ausland angebotenen Arbeitsmöglichkeiten annehmen“, weiß P. Rahmat. „Ihre Perspektivlosigkeit ist so groß, dass sie ihre einzige Chance im Ausland sehen. Sie bekommen ihre Flugtickets bezahlt und reisen drauf los.“ In dem fremden Land angekommen müssten sie allerdings schnell erkennen, dass die verlockenden Angebote nicht der Wahrheit entsprechen. „Sie werden zu modernen Sklaven“, so P. Rahmat. Man entzöge ihnen ihre Pässe, pferche sie in Unterkünften mit vielen anderen zusammen. Dann arbeiteten sie für Bordelle, als Hausmädchen, Hilfsarbeiter etc. „Die Arbeitsbedingungen sind absolut unwürdig und entsprechen keiner Norm“, beklagt der Missionar. „Vom Lohn werden ihnen noch Kost und Logis abgezogen, sodass nichts zum Leben übrig bleibt.“

Steyler Missionare bilden junge Menschen in Indonesien unter anderem handwerklich aus. (Foto: SVD)
Steyler Missionare bilden junge Menschen in Indonesien unter anderem handwerklich aus. (Foto: SVD)

Laut Schätzungen der indonesischen Regierung arbeiten zurzeit 4,5 Millionen Indonesier im Ausland. Die Mehrheit seien Frauen. Zwischen 2005 und Juni 2019 seien in Indonesien 10.000 Menschen Opfer von modernem Sklavenhandel geworden; davon über 6.000 Frauen. Aus der Provinz Ost-Nusa Tenggara seien über 100 von ihnen im vergangenen Jahr verstorben. Bereits in diesem Jahr seien 65 Todesfälle zu vermelden. Um gegen den Menschenhandel vorzugehen, sei es sehr wichtig, das Bewusstsein der Menschen für diese Problematik zu schärfen. „Sie müssen verstehen, wie gefährlich es für sie im Ausland werden kann“, sagt P. Rahmat. „Und: Wir müssen ihnen einen Anreiz bieten, zuhause zu bleiben. Deshalb setzen wir uns für die Bildung der Menschen ein. Wir bilden sie in handwerklichen und landwirtschaftlichen Berufen und in Berufen im Gesundheitsbereich aus. Nur so haben sie die Möglichkeit, hier in Indonesien einen Job zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen.“

Melanie Pies-Kalkum
 
Melanie Pies-Kalkum

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